CHESSBOXING & DIE WELT 

10/30/2005

CHESS BOXING & DIE WELT

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WELT AM SONNTAG 

Ring frei für Denker

Von Rob SavelbergUngewöhnliche Mischung: Die neue Sportart SchachboxenAnzeige

Auf der Uhr ticken die letzten Sekunden. Im Saal jubeln Hunderte von Zuschauern. Die beiden Männer hören sie nicht. In der Mitte des Boxrings sitzen sie in Boxershorts, mit nacktem Oberkörper und Kopfhörern. Die leise Musik soll sie von dem Hexenkessel um sie herum abschirmen. Voller Konzentration starren beide auf das Schachbrett in ihrer Mitte. Dann ertönt der unerbittliche Gong.

,,Ring frei für Runde zwei!", ruft der kräftige Sprecher. Weg mit dem Schachbrett, Ring frei für die erste Runde Boxen.

Schachboxen ist die neue Kultsportart. Elf Runden dauert jeder Kampf, davon sechs Runden im Schach und fünf im Boxen. Eine alte Brauerei in Berlin-Mitte war vor kurzem die Kulisse der ersten Schachboxeuropameisterschaft im Schwergewicht.

Hunderte drängelten sich, um die ungewöhnliche Kombination von Denk- und Kampfsport mitzuerleben. "Ein Sieg in dieser Arena ist so wichtig, wie der gegen den besten Schachspieler aller Zeiten", sagt Schwergewichtler Tigertad Titschko alias ,,The Bulgarian Beast". Und er muß es wissen. Bereits zweimal hat er gegen Schachweltmeister Garri Kasparov im Internet gespielt. Sein Kontrahent an diesem Abend ist Andreas Dilschneider. Auch er hat mit zwanzig Jahren Spielpraxis viel Erfahrung.

Ein spärlich bekleidetes Nummerngirl trippelt mit einer Tafel durch den Ring. Schnell wird das Schachbrett entfernt.

Als Andreas ,,D" Schneider, von Beruf Schauspieler, den Ring mit lauten Rappern betritt, steht Tigertad regungslos in der Ecke. Der ehemalige Gewichtheber rührt sich auch nicht, als seine Nationalhymne gespielt wird. Die Szene erinnert an Sowjetstar Ivan Drago in dem Film "Rocky IV".

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"Für beide Disziplinen braucht man Strategie, Spitzenkondition und äußerste Konzentration", erklärt der Ex-Meister Iepe Rubingh die Faszination für den ungewöhnlichen Sport. In Berlin gründete er vor kurzem den weltweit ersten Schachboxen-Club.

In einer Halle aus der Kaiserzeit trainieren seitdem die ersten Nachwuchstalente für die nächsten Meisterschaften im Schachboxen. Unter Führung renommierter Blitzschachspieler üben sie die Eröffnungen, Spielvarianten und Endspiel. Training tut Not. Denn auf die neue deutsche Schachboxgeneration wartet globale Gegenwehr. Von drei Kontinenten haben sich schon die ersten Herausforderer angekündigt.

In Berlin schlägt sich Tigertad Titschko gleich in der ersten Runde gnadenlos durch die Deckung Dilschneiders und verpaßt ihm eine blutende Wunde. "Hau ihn zu Boden", ruft eine Blondine begeistert. Der blonde Mittdreißiger verliert schließlich aufgrund seines erheblichen Zeitdefizits beim Schach. Vier Minuten dauert eine Schachrunde, in den Ring steigen die Gegner nur für zwei Minuten. Kurz vor Schluß gibt der Berliner auf. "The Bulgarian Beast" reißt seine Hände in die Luft und bespritzt das jubelnde Publikum mit Schampus. Der Schachboxweltmeister Iepe Rubingh schnallt ihm den Meistergürtel um.

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Im Herbst 2003 bestritt Rubingh, auch ,,The Joker" genannt, auf einer Berliner Brachfläche den historisch ersten Schachboxkampf weltweit. Kurz darauf gewann der Niederländer das spektakuläre Duell um die Weltmeisterschaft vor tausend Zuschauern in einer Amsterdamer Kirche.

"Wir holen Schach aus der Langweilerecke und Boxen aus dem schlechten Ruf der Schlägerszene", sagt Rubingh, der Don King des Schachboxens. Bereits als Kind war er von der Idee des Schachboxens begeistert. Inzwischen ist er schon seinem Idol Garri Kasparov begegnet.

Die Schachikone Kasparov schaut bei Kämpfen jedoch lieber zu - den Klitschko-Brüdern. Die Rußlanddeutschen spielen zur Vorbereitung auf ihre Boxmatches auch gern einmal Schach. Vitali Klitschko forderte die Boxlegende Lennox Lewis einmal zu einem Zweikampf auf dem Brett und im Ring heraus. Schachspielen fand er gut für den Geist, Boxen für den Körper. Lewis Trainer sagte jedoch ab, zu langes Nachdenken sei unerwünscht. Vielleicht hatte er einfach zu viel Angst vor dem Schachmatt.

https://www.welt.de/print-wams/article134145/Ring-frei-fuer-Denker.html


The official webpage of Tihomir Dovramadjiev, Bulgarian Professor (Assoc.) PhD Eng (Bulgaria, 2012), 1-st European Chessboxing Champion (Germany, 2005) and FIDE Master Title (Switzerland, 2004)

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